(Autor: Dr. med. Claus-Hermann Bückendorf)
Die Klinische Umweltmedizin umfasst die medizinische Betreuung von Einzelpersonen mit gesundheitlichen Beschwerden oder auffälligen Untersuchungsbefunden, die von ihnen selbst oder ärztlicherseits mit Umweltfaktoren in Verbindung gebracht werden
Sie ist eine Fachrichtung, die sich mit der Erkennung, Erforschung, Diagnose, Behandlung und Vermeidung gesundheitlicher Störungen ebenso auseinandersetzt wie mit der Erkennung, Erforschung, Bewertung und Minimierung von Risiken, die durch die Interaktion des Menschen mit seiner Umwelt entstehen. Die Bewertung dieser Risiken muss die individuelle Empfindlichkeit und die speziellen Charakteristika komplexer Einflüsse einbeziehen.
Die Klinische Umweltmedizin hat auch die Aufgabe, die Basis für eine frühere und wirksamere Primärprävention zu schaffen und damit den Sektor öffentliche Gesundheit und die Politik zu unterstützen.
Klinische Umweltmedizin befasst sich insbesondere mit der Diagnose und der Therapie umweltassoziierter Erkrankungen. Im Gegensatz zur eher bevölkerungsorientierten, präventiven Umweltmedizin der Hygiene und Arbeitsmedizin, ist die Klinische Umweltmedizin patientenbezogen, individualmedizinisch und kurativ ausgerichtet.
Umweltstressoren
Im Mittelpunkt der Klinischen Umweltmedizin stehen Strategien zum Umgang mit Umweltstressoren in komplexer, systemorientierter Herangehensweise. Diese Stressoren werden wie folgt zusammengefasst:
– chemisch-toxische (z.B. Wohnraumgifte und Schwermetalle)
– physikalische (z.B. Lärm und elektromagnetische Felder)
– biologische (z.B. Bakterien, Viren und Pilze)
– psychosoziale (z.B. Stress in Familie oder am Arbeitsplatz)
Ebenso kommt der individuellen Vulnerabilität (Verwundbarkeit) und Suszeptibilität (Empfindlichkeit) des Patienten besondere Bedeutung zu.
Krankheitsbilder in der Klinischen Umweltmedizin
Typische Krankheitsbilder der Klinischen Umweltmedizin sind z.B.
– Multisystemerkrankungen wie MCS (Multiple Chemical Sensitivity)
– Elektrosenstivity
– CFS (Chronic Fatigue Syndrome)
– Fibromyalgie
– Sick Building Syndrom
– Long Covid / Post Covid Syndrom
Aber auch die chronischen Volkskrankheiten wie Diabetes, kardiovaskuläre oder neurodegenerative Erkrankungen gehören zum Themenbereich der Klinischen Umweltmedizin
Umweltbelastungen können außerhalb und innerhalb von Gebäuden auftreten. In der Klinischen Umweltmedizin stehen Innenraumbelastungen im Vordergrund.
Umweltmedizinisch relevante Stoffe / Stoffgruppen
Metalle/Schwermetalle, leichtflüchtige organische Verbindungen (VOC), halogenierte Kohlenwasserstoffe, polychlorierte Dioxine, Furane und Biphenyle, aromatische Amine, Nitrosoverbindungen, anorganische Gase und Reizstoffe; Stoffe nach Anwendungsgebieten: Lösungsmittel, Biozide, Flammschutzmittel, Weichmacher etc.
Außenluft-Verunreinigungen
Gasförmige Luftverunreinigungen, z. B. Stickstoffoxide, Ozon und "Sommer- smog" Staubförmige Luftverunreinigungen, z. B. "Feinstaub" Umweltmedizinisch bedeutsame Emittentengruppen (Kraftfahrzeugverkehr, Hausbrand, Müllverbrennungsanlagen, Deponien etc.)
Innenraumbelastungen
Lösemittel, Schimmelpilze, Allergene, Emissionen aus Baumaterialien, Formaldehyd, Holzschutzmittel etc.
Lebensmittel und Trinkwasser
Spurenelement- und Vitaminbedarf, Bedarfsdeckung, gesundheitliche Folgen, Diagnostik von Mangelzuständen, Supplementierung (Eisen, Jod, Fluor, Selen, Magnesium, Zink etc.) Fremdstoffe und natürliche Inhaltsstoffe: aktuelle Einschätzung der Belastungssituation (z. B. Biozidrückstände); Lebensmittelzusatzstoffe (z. B. Farbstoffe und Konservierungsmittel) Trinkwasser und Trinkwasserbelastungen, Trinkwasser-Verordnung
Dentalmaterialien und andere alloplastische Materialien
Metalle, Kunststoffe, Keramiken, Wurzelfüllmaterialien, Kleber, Amalgamproblematik Prothetische Versorgung sowie Operationshilfen
Elektromagnetische Felder, Mobilfunk, ionisierende Strahlung
EMF-Problematik, biologische Feldwirkungen, gesundheitliche Risiken, Grenz- und Richtwerte, Elektrosensitivity, Ionisierende Strahlung (z.B. Radonproblematik, Flugreisen)
Schall und Schallwirkungen
Schallbeurteilungsmaflnahmen, Umweltmedizinisch relevante Schallquellen und ihre Auswirkungen am Menschen Lärmminderungs- und Lärmschutzmaflnahmen (einschliefllich Immissionsgrenzwerte und Richtwerte), Infraschall
Quellennachweis/Literatur:
Umweltmedizinische Leitlinie : https://www.dbu-online.de/fileadmin/user_upload/Verein/Leitlinie_Langfassung_11_2011_Umweltmed.Praxis.pdf
https://www.dbu-online.de/fileadmin/user_upload/Verein/Praxisleitlinie_Broschuere_Teil_II.pdf